De SZ widmet heute fast eine ganze Seite dem alten-neuen Münchner Lokalfernsehen. Erkenntnis daraus: Es ist immer wieder dasselbe beim Lokal-TV. Am Anfang starten ambitionierte Macher und sondern dabei erst mal Grundsätzliches ab:
1.) Wir haben aus den Fehlern der Vorgänger gelernt.
2.) Wir machen wirklich lokales Fernsehen und sind ganz nah dran an den Zuschauern.
3.) Qualität, Qualität, Qualität – wir machen richtigen Journalismus.
4.) Wir machen alles neu und alles besser.
Die Ernüchterung setzt dann ein, wenn man solche Geschichten wie heute in der SZ liest. Natürlich wird da seitens des Senders gejubelt, aber man muss nicht sonderlich viel interpretatorische Fähigkeiten haben, um das zu übersetzen. Und da sieht dann die Realität aus wie folgt:
1.) Wir machen Fernsehen in allererster Linie mit Praktikanten und Volontären. Wie unsere Vorgänger. Gut, natürlich weiß man, dass richtige Journalisten schon ganz hübsch wären, aber das Geld, das Geld, und die sind ja so teuer, diese Journalisten.
2.) Wir produzierieren so billig wie möglich. Damit das nicht so auffällt, nennen wir es Videojournalismus.
3.) Natürlich ist uns Qualität schon sehr wichtig und eigentlich finden wir es ja auch nicht richtig, aber wir sind jung, brauchen das Geld – und senden deswegen nachts ein paar sexy Clips. Tut doch keinem weh.
4.) Neu sind vor allem unsere kreativen Ideen in Sachen Geschäftsmodell und Vermarktung. Wir verkaufen beispielsweise Sendezeit an Firmen, machen eine Dauerwerbesendung – und damit das nicht so auffällt, nennen wir das Unternehmens-TV. Kreativ sind wir auch in den Wortschöpfungen, falls sich irgendjemand von unseren Aufsehern mal beschwert. Wir nennen das dann, leicht zerknirscht tuend, „Grauzone“.
5.) Wir haben auch schon mal was von Citizen Media gehört und fordern deshalb unsere Zuschauer auf, uns ihre besten…ach, das kennen Sie schon? Sie gähnen gerade? Schade, wir hätten jetzt gerne die Geschichte vom Pioniergeist…naja, ok, zugegeben: So füllt man Sendeflächen. Programm würden nicht mal wir das nennen. Aber ehrlich, die meisten sind ganz begeistert, wenn wir ihnen erzählen, dass sie jetzt unser Programm mitgestalten können.
Die Geschichte, nur zur Vermeidung von Missverständnissen, muss nicht zwingend in München spielen, der Plot fiele mir auch für ne Menge anderer ein. Nur, weil doch heute gerade in der SZ…
Das ist Web 3.0, eindeutig.
Ich finde aber, die Seite hat was. Eher im künstlerischen Sinne. Erinnert an die 60er Jahre. neo-anarchistische-non-economy.
Mir gefällt’s.
Es grüßt der Himmelstürmer