Zugegeben: Ich hätte von einigen erwartet, in diese Richtung zu gehen, nicht zwingend aber von der tz in München. Deren bisherige Online-Aktivitäten waren zumindest nicht dazu angetan, so etwas zu glauben. Jetzt aber hat die Zeitung TZ Live gestartet, ein Versuch, Leser ans Blatt zu binden, ihnen eine Teilhabe zu gewähren, kurz gesagt: sie auf Augenhöhe zu lassen.
Die Idee ist also gut, das Konzept auch – trotzdem meine Prophezeiung: Das wird nicht funktionieren. Aus ganz einfachen Gründen. Erstens ist die Umsetzung optisch und technisch suboptimal und auch inhaltlich kann man da schon ein wenig klagen (Abgehangene Promo-Videos, die schon tausendmal im Kino liefen, gehören da nicht rein). Ein paar Euro für einen guten Designer wären ebenfalls gut investiert gewesen und ne Webcam aus der Redaktionskonferenz, deren Bild sich alle zehn Sekunden erneuert, stammt ideenmäßig auch aus den späten Neunzigern.
Ausschlaggebend ist aber anderes: Ich kenne kein einziges Citizen-Media-Projekt in Deutschland (meine eigenen eingeschlossen), die ohne massive Anschubhilfe der Redaktion funktionieren. Was ja auch verständlich ist: Jahrelang musste ein Leser dankbar sein, wenn er einen Fünfzeiler als Leserbrief unterbrachte…und jetzt soll er quasi umfangreiche Rechte als Blattmacher und Reporter bekommen? Außerdem, in ein Gästebuch schreibt man auch lieber rein, wenn schon was drin steht. Wer will schon den Anfang machen?
Das bitte bedenken, ehe man bei einem möglichen Scheitern des Projekts wieder darüber lamentiert, Online und Citizen Media funktionierten irgendwie nicht richtig.