Unabhängig davon, ob Schweini nun hat oder doch nicht – interessant an dieser Geschichte ist, wie wenig sich etablierte Medien immer noch auf ihre Online-Ausgaben konzentrieren, obwohl die doch alle Möglichkeiten bieten würden, aktuell auf Geschehnisse einzusteigen und damit die technischen Vorteile elektronischer Medien zumindest partiell auszugleichen.
Beispiel Süddeutsche: Gestern abend bis heute früh stand nur eine kurze Agenturmeldung online, nach der Hoeneß eine Millionenklage gegen den Bericht ankündigt und der befragte Staatsanwalt dementiert, es sei zu Verhören der Spieler gekommen. Insofern war ich dann doch erstaunt, als ich am Vormittag der gedruckten SZ entnahm, dass man gestern anscheinend sofort nach bekannt werden der tz-Vorabmeldung aktiv wurde. Im Blatt jedenfalls findet sich als Sport-Aufmacher eine offensichtlich gründlich und aufwendig recherchierte Geschichte.
Das ist natürlich in keiner Weise zu kritisieren, zeigt aber sehr wohl den Stellenwert, den das Haus den Ausgaben zubilligt: Print macht eine große, gute Geschichte. Online wird mit dem Agenturkrempel abgetan. Vollends bizarr wir das Ganze allerdings dann, wenn man versucht, diese selbst gewählte Bewertung des Stellenwerts als Beleg dafür anzuführen, dass das Kerngeschäft eben die Zeitung bleibe. Wer seine Plattformen derart einseitig bestückt, der darf sich nicht darüber wundern, wenn zwar die Zeitung weiter als hochwertiges journalistisches Produkt wahrgenommen wird, sueddeutsche.de aber dafür keine nennenswerte Beachtung in der Öffentlichkeit findet. Hätte man gestern abend einen ähnlichen Aufwand für die Online-Ausgabe betrieben, der Server hätte geraucht. Schließlich war dieses Thema ein ziemlicher Hammer – da hätte man gerne schon am Abend ein bisschen mehr gewusst.
Dummerweise wird genau so gerne argumentiert: dass Online in seiner Bedeutung nicht vergleichbar sei, weil es wenig Umsatz bringe und von den Lesern nur als nettes Anhängsel begriffen werde. Das ist in etwas so, als wenn sich ein Gebrauchtwagenhändler, der bisher nur Mercedes vertrieb, einen verbeulten und verrosteten BMW auf den Hof stellt und dann, wenn sich der BMW nicht verkauft, daraus den Rückschluss zieht, er habe es ja schon immer gewusst, dass sich BMW schlecht verkaufe…
Die Süddeutsche war da übrigens gestern kein Einzelfall. An solchen Tagen und bei solchen Themen zeigt sich überdeutlich, dass de facto kaum eine Online-Redaktion in Deutschland personell so ausgestattet ist, dass sie mit eigenen Krisenreaktionskräften auf Dinge einsteigen kann, die außerhalb des gängigen Cut&Paste von Agenturstoff liegen.
Und so habe ich gestern abend das antiquierteste Medium genutzt, dass man sich vorstellen kann: den 20 Jahre alten und seit Gründung nicht mehr modifizierten Teletext. Die waren kein Deut besser – aber auch nicht schlechter.