„Dialog“ nennt die Münchner Abendzeitung eine neue Seite, die es seit dieser Woche gibt – und die sie angekündigt hatte als ein Tool, mit dem Leser zwar nicht direkt zu interagieren, immerhin aber ein bisschen zu kommunizieren. Jedenfalls sollte der Leser nicht nur mehr Platz bekommen, sondern tatsächlich sich selbst stärker an der Zeitung zu beteiligen. Ich war also durchaus gespannt: Hatte da etwa jemand allen Ernstes über Schlagwörter wie Interaktion und Citizen Media nachgedacht?
Herausgekommen ist eine bittere Enttäuschung, die symptomatisch ist für die defensive Verweigerungshaltung unserer Zeitungen. Der großspurig angekündigte Dialog ist eine Kommmunikationsattrappe, eine etwas bessere Leserbriefseite. Keine Spur davon, dass der Leser die Agenda (mit-) setzt, keine Spur davon, dass es einen Dialog gäbe, der diesen Namen auch verdient. Online hat man auf dieses Neuerung gleich gar nicht reagiert, obwohl eine solches Thema förmlich danach schreien würde. Gleichwohl: Dazu müsste man sich mit diesem Thema ernsthaft beschäftigen, Kompetenz entwickeln und die entsprechenden Leute ins Haus holen.
Meine Vermutung: Irgendwann demnächst werden sich wieder mal ein paar Zeitungsleute gegenseitig auf Panels (und, ganz heißer Tipp: In meinem Lieblingsblatt „Journalist“) gegenseitig auf die Schulter klopfen und die „Dialog“-Seite der AZ als ein gelungenes Beispiel für die Innovationsfähigkeit deutscher Zeitungen würdigen. Nichts verstanden, nichts gelernt. Was soll man allerdings auch erwarten von einer Zeitungslandschaft, die die Einrichtung von Foren auf ihren sterbenslangweiligen Webauftritten bereits als Krönung der Innovation feiert?