Indiskretion Ehrensache spöttelt charmant über ein paar neue Leitsätze des Journalistenverbands, der inzwischen angeblich im 21. Jahrhundert angekommen ist (wovon ich persönlich ganz und gar nicht überzeugt bin; wenn sie könnten, würden sie heute noch eine Spontandemo gegen den Ganzseitenumbruch bei Tageszeitungen organisieren).
Ein interessanter Aspekt – der Ratschlag an den Journalistenverband, doch bitte mal als ersten Schritt „ein Verbandsblatt herausbringen, das ansatzweise dem Anspruch von Qualitätsjournalismus gerecht wird und den Leser nicht nach zwei Seiten in den Schlaf treibt“.
Nachdem ich mein Journalist-Abo (als Nicht-Mitglied des Verbands übrigens ein wahnwitzig teures Vergnügen) vor ein paar Tagen gekündigt habe, treibt es mir Freudentränen in die Augen, so etwas zu lesen. Ich hatte anfangs ernsthaft überlegt, dem Verlag in meinem Kündigungsschreiben meine Gründe darzulegen, verzichtete dann aber darauf, weil´s eh sinnlos ist. Obiges Zitat hätte ich allerdings uneingeschränkt verwenden können.
Ich finde es mehr als erstaunlich, dass ein Blatt von Journalisten für Journalisten einen derart hohen Schnarchfaktor aufweisen kann. Von ein paar lesenswerten Geschichten des Kollegen Thomas Mrazek mal abgesehen: Langeweile, Langeweile, Langeweile. Neuigkeits-Faktor: unter Null. Nach Lektüre des Blatts kam ich mir regelmäßig vor, als hätte ich einen Monatsrückblick gelesen.
Was mich letztendlich zu der Frage getrieben hat: Wie will eigentlich dieser Verband auf Augenhöhe mit Verlegern etc. pp. verhandeln und wie will er eigentlich für sich in Ansspruch nehmen können, für uns Journalisten zu sprechen? Wobei ich mit allergrößtem Vergnügen auf jene Geschichte aus notebook-onlinejournalismus und indiskretion ehrensache verweise, die sich über die Tagesordnung einer Verbandsveranstaltung amüsierten, in der innerhalb von drei Tagen nicht ein einziges Mal der Begriff „online“ vorkam.
Lieber Christian, erst mal herzlichen Dank für Dein Lob. Deine Kritik am „journalist“ kann ich – natürlich – nicht teilen. Aber darüber können wir gerne mal reden. Den Grund für Deine Kündigung solltest Du unbedingt der Chefredakteurin Ulrike Kaiser mitteilen – sie wird sich über eine fundierte Heftkritik sicherlich freuen und antworten.
Hast Du übrigens mal die seit einem Jahr erscheinenden „Berliner Journalisten“ (kein Verbandsblatt!) gelesen, wenn ja, was hältst Du von diesem Heft?