Der Herr Schawinski ist ein richtig begnadeter Selbstdarsteller. Und kluges Marketing macht er zudem. Da lässt er die eine oder andere Indiskretion raus (beispielsweise, dass Otti Fischers kapriziöse Ehefrau im Sender nur „Die Tretmine“ genannt wurde) – und schon steht Schawinski da als der Mahner für das gute und gehaltvolle Fernsehen und als derjenige, der SAT 1 schon gerettet hätte, wenn ihn die Iditiotenkapitalisten und Heuschrecken denn nur gelassen hätten.
Allerdings auch deswegen, weil wir Journalisten uns gelegentlich ein Bild solange zurechtzimmern, bis es passt. Und Schawinski als Kronzeuge, das passt gerade so schön.
Plaudern wir also mal über ein paar Fakten der anderen Art. Über Anke Late Night beispielsweise. Oder diesen fürchterlichen Sonntag abend-Schmarrn mit Bettina Rust. Darüber, dass der Sender im Laufe der letzten Jahre nahezu alle seinen markanten Gesichter verloren hat. Und darüber, dass die so genannte Nachrichtenoffensive vielleicht in Schawinskis Elfenbeinturm wohlwollend registriert, von der verehrten Zuschauerschaft als solche aber nie wahrgenommen wurde. Zumindest in Sachen Quote hat Kausch gegen Kloeppel nicht wirklich punkten können. Und den Versuch, auch mal mit teuren und anspruchsvolleren Stoffen zu punkten, hat vor Schawinski auch nahezu jeder andere seiner Vorgänger unternommen (zuletzt beispielsweise Martin Hoffmann mit diversen Teamworx-Produktionen). Kurz gesagt: Schawinskis SAT1-Bilanz mag man unterschiedlich bewerten – wie man allerdings zu der Sichtweise kommt, der Verfechter des gehaltvollen Fernsehens sei auf dem Höhepunkt seines Schaffens abberufen worden, ist vermutlich nur mit schweizerischen Eigenmarketingfähigkeiten zu erklären.
Bleibt schließlich noch Bernd Gäbler, der folgendes schreibt:
Als er antrat, so erfahren wir, erwirtschaftet der Sender gerade einmal vier Millionen Euro; 204 Millionen Euro waren es in seiner letzten Bilanz. Von den hohen Verkaufsgewinnen verteilte Haim Saban ein Prozent ans Top-Management; normale Mitarbeiter bekamen 400 Euro; Schawinski ging leer aus. Man merkt: Das hat ihn schwer gefuchst.
Schawinski ging leer aus? Dass Gäbler solchen Nonsens schreibt und stern.de ihn auch noch veröffentlicht, spricht nicht wirklich für journalistische Qualitäten. Wohl aber dafür, dass man sich Dinge schon zurechtbiegen kann, wenn man nur will – und lange genug drückt.
Würde Dieter Bohlen jemals schreiben, dass er mitsamt seinem Können weit unter Mozart stünde? – – – Na siehste!
Wer ins Privatfernsehen geht, der passt da auch hin.
Roschee ist nicht ins Privatfernsehen gegangen. Er hats erfunden.
Manueller Trackback:
http://www.trice.de/2007/09/10/von-schawinski-lernen/