Früher mal (was denn, den Satz kennen Sie schon?), früher also war Radio für mich so eine Art Medium Nummer eins: Mit Fernsehen konnte ich als 15jähriger nicht wirklich viel anfangen, was möglicherweise daran lag, dass es damals nur drei, vier Programme gab und in diesen drei, vier Programmen liefen gelegentlich so schöne Dinge wie Telekolleg – Physik II. Die Zeitung(en) fand ich meistens etwas dröge, die Lokalzeitung vor Ort war irgendwie doof und von den Leitartikeln der SZ verstand ich damals ungefähr kein Wort. Und bei Anblick der „Zeit“ musste ich zwangsweise immer an meinen alten Oberstudienrat denken, dessen Unterricht ich meistens so anregend wie eine verdörrte Bananenschale fand.
Aber Radio, das war einfach eine große Nummer. Wenn man derart suchtähnliche Züge in Sachen Musik aufweist wie ich und wenn man quasi nur aufs Knöpfchen drücken muss, um an die neusten Songs zu komen, für den war Radio unschlagbar. Davon abgesehen waren manche Moderatoren echte Helden für mich. Es konnte also schon mal gut sein, dass mich Radio durch den Tag begleitet hat – und alles in allem habe ich mich dort auch immer ganz gut aufgehoben gefühlt. Selbst in den 80ern konnte es noch vorkommen, dass ich bei längeren Autofahrten auch mal zwei Stunden Radio gehört habe.
Auf diese bizarre Idee käme ich heute kaum mehr. Radio ist für mich zunächst der Inbegriff des Nebenbei-Mediums geworden, danach wurde es für mich lange Zeit zur No-Go-Area. Was ich gerne gehabt hätte, gab mir (fast) niemand mehr. Die Pop-Wellen waren zu unerträglichen, piefigen und sterbenslangweiligen Abspielstationen mit einer Rotation geworden, die ich mit meiner privaten Musiksammlung quantitativ locker auch hingebracht hätte (vom Inhalt reden wir lieber erst gar nicht). Und den ganzen Tag Nischen- oder Wortprogramme, ja Kreizsacklzement, ist es denn wirklich zu viel verlangt, wenn man sich ein Programm mit Musik von mehr als 150 Titel in der Rotation wünscht und Moderatoren, die nicht schon in hysterisches Gelächter ausbrechen, wenn sie das Wort „Unterhose“ sagen. Und wenn man „Das Beste aus den 80ern, 90ern und heute“ einfach nicht mehr hören will. Bleiben schließlich noch die ganzen grenzdebilen Gewinnspiele, mit denen man sich gerne schon auch mal kurz nach dem Aufstehen terrorisieren lassen darf. No more radio also.
Diese durchaus gesunde Einstellung hielt sich dann, bis Podcasting kam. Bis ich plötzlich bemerkte, dass gute Audiobeiträge nicht nur eine Kunst für sich, sondern auch eine überaus spannende Darstellungsform sind. Radio reloaded sozusagen, nur eben nicht auf terrestrischen Frequenzen, sondern ganz für mich alleine, total digital. Und der Gedanke dabei, dass man aus Radio schon was machen könnte, jenseits der Dudelfunkerei. Nun also gibt es immerhin eine Initiative, eine Idee für den Weg dorthin: FAIR-RADIO. Lesen, unterstützen, weitersagen. (via Blogmedien, mal wieder…)
Kennst du eigentlich ‚Radio Days‘ von Woody Allen? Im Vergleich damit kannst du sehen, wie sehr das Medium auf den Hund gekommen ist …
Nächster Filmtipp: „A Prairie Home Companion“