Nur zwei Zeitungen sollen in den USA überleben. Und in Deutschland? Der Countdown für Verlage und Sender läuft auch hier…
Read MoreWarren Buffet hat zwei auf den ersten Blick völlig widersprüchliche Dinge getan. Erst hat er eine ganze Menge Regionalzeitungen in den USA gekauft. Ein Investment, das viele Zeitungsleute zu der Feststellung veranlasst hat: Seht ihr, so schlecht kann es um unsere Zukunft nicht bestellt sein.
Jetzt hat Buffett sinngemäß das Folgende gesagt: Zeitungen in den USA werden alle sterben. Mit zwei Ausnahmen – und die auch nur, weil sie sich gut auf den digitalen Wandel vorbereitet haben: die New York Times und die Washington Post.
Sind das überhaupt noch Zeitungen?
Die Frage klingt bekloppt, weil natürlich beide auf gedrucktem Papier erscheinen und nach wie vor jeden Morgen in immer noch erstaunlich viele Briefkästen gesteckt werden. Das ist aber dann auch schon alles. Weil tatsächlich das Selbstverständnis der beiden „Blätter“ so ist, dass sie gedrucktes Papier als einen von vielen möglichen Ausspielwegen begreifen. Für diejenigen, die es so mögen, bitte sehr, warum auch nicht? (Ich gestehe übrigens hiermit öffentlich, selbst Abonnent einer gedruckten Regionalzeitung, nämlich der Augsburger Allgemeinen zu sein. Die Gründe dafür sind alles andere als logisch, gehen aber letztendlich niemand was an).
Das Selbstverständnis ist: Journalismus. Sonst nichts.
Aber nochmal zurück zu diesem neuen Selbstverständnis. Dieses Selbstverständnis ist deshalb so eine wichtige Sache, weil sie über die Zukunftsfähigkeit eines „klassischen“ Mediums entscheidet. Wer weiter daran festhält, eine Zeitung, ein Sender zu sein – einverstanden, das war´s, und tschüss.
Medien 2017, das bedeutet in erster Linie zumindest aus strategischer Sicht, eine Idee zu entwickeln, wo und wann und wie man welchem User welchen Inhalt liefern könnte. Es heißt nicht: Wir machen eine Zeitung mit angehängtem Internet. Es bedeutet weiter: Journalismus als die Erstellung unterschiedlichster Inhalte unter einem gemeinsamen Label zu machen, wobei das gemeinsame Label idealerweise für irgendetwas halbwegs Sinnhaltiges steht. Nebenher: Dass in den USA mit der Times und der Post ausgerechnet zwei vehemente Trump-Gegner eine große Renaissance feiern zeigt auch, welche Rolle ordentlicher Journalismus immer noch spielt. Und dass es eben doch einen Unterschied zwischen Journalismus und langweiligen Durchlauferhitzern für Agenturen gibt.
Wenn man also ernsthaft darüber debattieren will, ob Zeitungen und Sender überleben werden (und wenn ja: welche), dann lässt sich die Frage schnell beantworten, wenn man sich nur eine einzige Frage stellt: Bieten sie genügend interessanten Stoff? Das ist, nebenbei bemerkt, nicht die schlechteste Frage, die man sich stellen kann, weil sie uns alle letztendlich auf Journalismus und Inhalte in Reinform zurückwirft.
Große Unternehmen sind kein guter Platz für Innovation
Dumm nur, dass für viele der klassischen Medien die Antwort auf diese Frage ernüchternd ausfallen muss. Hier steht deshalb „muss“, weil es sich dabei auch um eine strukturelle Sache handelt: Große Unternehmen, wie es die meisten Sender und Verlage nun mal sind, sind selten ein Platz für Innovation. Da ist es übrigens auch ziemlich unsinnig, wenn man solche Innovation immer wieder einfordert. Elefanten passen auch nicht durch ein Nadelöhr, selbst wenn man sie noch so herzlich darum bittet. Große Unternehmen erneuern sich, falls überhaupt, wenn sie unter massiven Druck geraten.
Ist dieser Druck nicht eigentlich schon groß genug? Berechtigte Frage, aber die stellt man sich als Beobachter vom digitalen Außen her ja nun schon seit mindestens 15 Jahren. Anscheinend nicht. Sonst wäre schon längst sehr viel mehr passiert und diese Platzhirschbräsigkeit Vergangenheit. Ob das jemals passieren wird, darf man bezweifeln. Weil 15 Jahre ein so langer Zeitraum sind, dass sich alle Gedanken im Sinne von „Sie werden es schon noch lernen“ fast verbieten.
Wird es also auch in Deutschland so kommen, wie Buffett für die USA prophezeit? Man muss es vermuten. Auch hier sind es ein paar überregionale, große Häuser, die eine solche Hybrid-Strategie fahren.
Der Rest? Lassen Sie uns in fünf Jahren nochmal reden. Dann nämlich kippen die Größenordnungen, werden die digital lebenden Menschen mit eher losen Medienbindungen den klassischen Zeitungsabonnenten, Radiohörer und Fernsehzuschauer überholt haben. Dann ist diese Idee vom klassischen Medienkonsum eine Minderheiten-Idee.
Fünf Jahre noch…
(Foto auf dieser Seite: Metropolico.org, Flickr.com; CC Attribution-ShareAlike 2.0)
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