Salzburg, München, Köln, Dresden, Essen, Berlin. Zug, Flugzeug, S-Bahn. 4.30 Uhr aufstehen, hin und zurück am selben Tag, übernachten im Hotel. Fersehen, Radio, Blog, Internet. Es war schon ziemlich interessant zu sehen, wie sich am Samstag Menschen zu ein und dem selben Ziel aufmachten und wie sie dort hinkamen. Ziel, das war die Berliner Niederlassung von E-Plus in Berlin, Unter der Linden 17, Konfi, 4. Stock. Ziel war auch: reden über ein Buch, das so langsam die Phase der Exposés und der eher theoretischen Abhandlungen verlässt. Und genau deswegen war ich unglaublich gespannt: Wenn sich sieben Leute an einem Tisch setzen, um über dasselbe zu reden, reden sie dann auch über das Gleiche?
Bisher war das ja irgendwie etwas, was mich bei dem Buchprojekt beunruhigt hatte: Bringt man es wirklich irgendwie hin, dass die Ausgangslage für alle gleich ist, dass wir wirklich alle letztendlich die gleiche Idee verfolgen? Seit gestern bin ich mir ziemlich sicher, dass das funktionieren wird. Nach fast acht Stunden ziemlich langer Debatten haben wir (Ulrike Langer, Jochen Markett, Richard Gutjahr, Simon Kremer, Gerhard Rettenegger, Marküs Hündgen und ich) dem Buchprojekt eine deutlich klarere Struktur gegeben, wir wissen jetzt, was wir machen wollen — und auch, was genauso wichtig ist, was wir nicht machen.
Fangen wir erst mal mit denen an, für die wir das Buch machen wollen. Irgendwann fiel der Satz: „Für alle, die Journalismus neu lernen — oder ihn neu verstehen wollen.“ Ich finde diesen Satz wunderbar, weil er alles trifft, was wir über diese sogenannte Zielgruppe sagen können. Neu verstehen heißt nach unserem Verständnis allerdings nicht, dass wir für uns in Anspruch nehmen wollten, ihn auch neu zu erfinden. Das muss man ja auch gar nicht, weil es nach wie vor einiges an Grundlagen gibt, die auch im Zeitalter der Digitalisierung nicht in Frage zu stellen sind. Wir wollen als da anfangen, wo die bisherigen Lehrbücher aufhören. Ein Kapitel wie „Die Überschrift“ oder „Das Interview“ werden Sie bei uns nicht lesen. Aus zwei Gründen: Zum einen eben, weil wir nichts schreiben könnten, was andere nicht richtigerweise schon lange festgestellt haben. Und zum anderen, weil das Buch das schon alleine vom Umfang her gar nicht leisten kann. Wir wollen mit ca. 500 Seiten auskommen und die werden wir bei all unseren Themen auch brauchen. Wollten wir des gesamte journalistische Einmaleins nochmalb rekapitulieren, wir würden auch mit 1000 Seiten nicht auskommen.
Weil wir gerade von Seitenzahlen sprechen: So die 500 Seiten wollen wir am Ende haben, das scheint uns eine realistische Größe. Und wir glauben, dass man auf 500 Seiten alles unterbringen kann, was relevant ist.
1995 – das ist so eine Zahl, die immer wieder durch unsere Debatten schwirrte. Keine Zahl, die zum Dogma wird, aber eine, die eine gute Orientierung bietet bei unserer internen Themendiskussion. Sinngemäß und grob zusammengefasst: Jedes Thema, das wir angehen, muss sich überprüfen lassen, ob sich dort seit 1995 etwas wirklich neues ergeben hat. Um beim Beispiel Interview oder Überschrift zu bleiben: Da hat sich seit 1995 nichts verschoben, also ist das auch kein Thema für uns. Ich bin kein Fan starrer Regelungen, aber in diesem Fall finde ich diese 1995-Grenzmarkierung ziemlich hilfreich.
Und schließlich gibt es jetzt auch einen einigermaßen fixen Zeitplan: Geschrieben soll alles bis Mitte Januar sein, dann kommen Lektorat und die äußerliche gestaltung des Buches (für die wir eine schöne Idee hätten, hoffen wir, dass sie sich umsetzen lässt) — und schließlich soll dann im Mai alles erscheinen, wenn´s geht mit einer kleinen Party. So weit der Plan — dass in der realität dann sowie alles anders kommt, wissen wir ohnehin.
(In diesem Zusammenhang nochmals ein großer Dank an Sachar Kriwoj und an E-Plus, die uns einen vollständigen Konferenzraum samt viel Kaffee und vielen Getränken zur Verfügung gestellt haben!)
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Hier mein Widerspruch: Natürlich hat sich auch das Schreiben von Überschriften verändert. Zwei Beispiele:
Ist eine Überschrift auch ohne Dach- und Unterzeile (und ggf. ohne Bild) verständlich? Falls nicht, wird die Überschrift über RSS-Feed unverständlich sein.
Zweitens: Für Überschriften mit mehr als 140 Zeichen müssen Journalisten künftig auch eine Kurzform erstellen können. Und: Schon im Web 2.0 liefen die Online-Überschriften unterschiedlich um, etwa je nach Browser-Einstellungen, deshalb war Überschriften machen für Online schon immer ein eigenes Thema!
Das kann man nicht außen vor lassen, auch wenn es nicht zu fundamental neuen Regeln für das Handwerk führen wird.