Abgesang auf die Zeitung

Laut einem Bericht des Internetdienstes „Alley-Insider“ wurden 2009 bereits 105 US-Zeitungen eingestellt, während Print-Anzeigenverkäufe im 1. Quartal 2009 um durchschnittlich 30 Prozent fielen. Fast alle der 25 größten US-Zeitungen verloren zwischen sieben und 20 Prozent an Auflage. (Meedia.de)

Neben mir liegen gerade meine Zeitungen, die ich abonniert habe (doch, sowas gibt´s). Wenn ich sie mir so ansehe, werde ich den Eindruck nicht los, dass es reiner Luxus ist, den ich mir da leiste. Der Spaß kostet mich im Jahr ein paar hundert Euro und wenn ich zu mir selber mal ganz ehrlich bin: Ich müsste sie nicht lesen, ich will einfach nur.

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Klar gibt es gute Gründe für das Lesen einer Zeitung. Die Zeitungsmenschen werden ja auch nicht müde, sie zu betonen. Aber irgendwie werde ich den Eindruck nicht los, dass die alle irgendwie  nicht richtig greifbar sind. Oder irgendwie nostalgisch angehaucht. Wenn es hart auf hart geht, dann zählen das heimelige Rascheln und die Tatsache, dass das geschriebene Wort in der Zeitung auch gedruckt ist, nicht mehr so richtig. Inzwischen würde ich sogar die gerne aufgestellte Behauptung, Crossmedia funktioniere in einer strikten Aufgabenteilung zwischen Online-Verlaufsberichterstattung und gedruckter Analyse, Kommentierung und Hintergrundberichterstattung, einigermaßen anzweifeln. Muss ein Kommentar gedruckt sein?

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Interessante Begegnung letzte Woche — mit einer 11. Klasse Gymnasium, 25 junge Leute, die später alle mal was mit Medien machen wollen. Eine sehr medienaffine und ziemlich muntere Gruppe; das Publikum also, das den Zeitungslesernachwuchs von morgen ausmachen sollte, weil das ja diejenigen sind, die auch mal Kommentare und Analysen wollen. Die Frage in die Runde, wer denn regelmäßig zur Zeitung greife, gerät zum einzigen Desaster, zumindest für  die Zeitungen: drei oder vier sind es, die sich melden. Der Rest lebt vollständig digital.  Die würden sich wundern, wenn ich ihnen jetzt erzählen würde, dass  Hintergründe und Kommentare nur gedruckt richtig Sinn machen, denke ich mir, und beschließe, diese schöne Theorie in diesem Fall eher für mich zu behalten.

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Zumal es bei vielen ja immer noch bei Lippenbekenntnissen bleibt. Von einer besseren und intensiveren Verzahnung zwischen Print und Online sowie einer entsprechenden Zusammenarbeit schwafelte beispielsweise die „Passauer Neue Presse“, als sie im Frühjahr einen neuen Chefredakteur und eine neue Strategie (von der keiner weiß, wo sie abgeblieben ist) vorstellte. Die letzten Tage das Blatt und den Onlineauftritt mal wieder etwas intensiver angesehen, geändert hat sich nichts. Doch halt, die Homepage hat jetzt irgendwie ein paar Fotos mehr. Die Zeitung hingegen ist immer noch nach den Erkenntnissen der 80er Jahre gemacht. Und verzahnt ist gar nix.

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Noch nie hat ein Medium das andere ersetzt. Ich bin mir inzwischen ganz und gar nicht mehr sicher, ob das diesmal auch der Fall sein wird. Und einmal ist schließlich immer das erste Mal. Solange jedenfalls die Frage, wer Zeitungen eigentlich noch braucht, nicht besser beantwortet werden kann als bisher, sehe ich aktuell tiefschwarz.

Dieser Beitrag hat 2 Kommentare

  1. Bernd

    Wobei man sagen muss, dass der Nachwuchs schon immer die Klippe war, an dem verlegerische Ambitionen zerschellt sind. Da musste nicht erst das Internet kommen.

    Nur die wenigsten Verleger haben passable Antworten darauf gefunden, wie sie ihre Zeitungen für Jugendliche interessant gestalten. Das Internet bietet da schon einige Möglichkeiten mehr.

    Ganz abgesehen davon: Kommentare und Hintergrundstorys MÜSSEN natürlich nicht auf Papier gedruckt werden, aber das Zeitungsformat ist (noch) sehr gut dafür geeignet.

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